Max Seeck : Teufelsnetz
('Jessica Niemi'-Reihe, Bd. 2)
Buchbesprechung von Frank Rehag, November 2021
dt. Erstausgabe: 2021 - Bastei Lübbe, Köln
finn. Originalausgabe: 2020 - Tammi, Helsinki
Titel der finnischsprachigen Originalausgabe: "Pahan verkko"
aus dem Finnischen von Gabriele Schrey-Vasara
Mit Lisa Yamamoto und Jason Nervander sind zwei junge und erfolgreiche Blogger spurlos verschwunden, die vor ihrem Verschwinden noch auf einer Party zur Plattenveröffentlichung des angesagten finnischen Rappers Kex Mace's gesehen wurden. Niemand scheint etwas zu wissen, niemand hat etwas gesehen. Als auf der Profilseite von Lisas Instagram-Konto deren Todesnachricht erscheint und am Ufer bei Vuosaari ein Manga-Mädchen mit einer Schulmädchenuniform bekleidet tot aufgefunden wird, nehmen die Ermittlungen ihren Lauf. Die beiden Ereignisse scheinen zunächst einmal in keinem direkten Zusammenhang zu stehen, doch nichts ist so, wie es scheint. Das Ermittlungsteam um Jessica Niemi tritt eine Lawine menschlicher Abgründe los und stößt auf ein perfide gestricktes Netzwerk, bei dem Menschenleben absolut nichts wert sind... Als wäre die Arbeit zu diesem Fall nicht schon aufreibend genug, herrscht noch dicke Luft im Team. Zum einen gehen sich Jessica und Nina Ruska seit dem Hexenjagdfall aus dem Weg – wobei Nina hier vortreffliche Gründe hat –, zum anderen ist nach Erne Miksons Tod und dem Dienstantritt der neuen Vorgesetzten Helena Lappi das Betriebsklima schlechter geworden, vom lockeren Teamgeist zu Ernes Zeiten ist nicht viel übrig geblieben. Jessica ist Helena ein Dorn im Auge und brisante Informationen zu Jessicas Vergangenheit kommen ihr gerade recht. Auch Jami Harjula scheint eher ein Eigenbrödler statt ein guter Mannschaftsspieler zu sein. Er wurde von Helena ins Team geholt, nachdem sich Mikael Kaariniemi als faules Ei im Polizeinest entpuppt hatte.
Teufelsnetz bietet vielschichtige Figuren, viele Verdächtige, Drogenhandel, Prostitution, Menschenhandel und einige kriminelle Machenschaften mehr sowie eine spannende Handlung, die in sich abgeschlossen ist und losgelöst vom Vorgängerband Hexenjäger gelesen werden kann. Für Leser, die gerne die Entwicklung von Charakteren mitgehen und tiefer in die Hintergründe der Protagonisten eintauchen möchten, wäre die Lektüre dessen dennoch ratsam. Wie schon bei Hexenjäger sind die Kapitel kurz gehalten und das Interesse wird gleich mit Beginn der Geschichte geweckt. Max Seeck versteht es, Spannung aufzubauen, diese zu halten und den Leser immer wieder auf falsche Fährten zu schicken. Sobald man glaubt, einen Sachverhalt erkannt zu haben, wird man gleich darauf eines besseren belehrt. Abermals wird auch klar, wie abhängig die Menschheit inzwischen von den sogenannten sozialen Medien, Smartphones, Smartwatches, Smartdies und Smartdas geworden ist – mit all den dunklen Begleiterscheinungen, die die schöne neue digitale Welt zu bieten hat. Das Netz vergisst nichts. Dabei schildert Seeck sehr detailgetreu. Ob Dienstbesprechungen, Ortsbeschreibungen oder Charakterbeschreibungen der Protagonisten – der Leser wird regelrecht in die Geschichte eingesogen statt nur Beobachter zu sein. Die exakten Ortsbeschreibungen in Verbindung mit der Nennung von Straßennamen könnten übrigens dazu führen, dass helsinkiaffine Leser die Straßenkarte aufschlagen und den beschriebenen Standort nachvollziehen wollen. Schön ist auch, dass die Gerichtsmedizinerin Sissi Sarvilinna etwas mehr Raum erhalten hat. Sie ist mit einem wunderbaren schwarzen Humor gesegnet, der die Lektüre immer wieder aufzulockern vermag. Es ist einfach köstlich, wenn sie mal wieder Sehnsucht nach einem Kadaver auf ihrem Tisch verspürt. Insgesamt bietet Teufelsnetz hervorragenden Lesestoff, der perfekt für die kommenden kalten Wintertage geeignet ist – und auch darüber hinaus.
Weitere besprochene Titel zu Max Seeck:
- Feindesopfer ('Jessica Niemi'-Reihe Bd. 3)
- Hexenjäger ('Jessica Niemi'-Reihe Bd. 1)
- Waiseninsel ('Jessica Niemi'-Reihe Bd. 4)