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Juhani Seppovaara : Mit dem Moped durch Finnland

Buchbesprechung von Bettina Dauch, März 2014

dt. Erstausgabe: 2014 - Neofelis Verlag, Berlin
finn. Originalausgabe: 2007 - Otava Publishing Company Ltd., Helsinki
Titel der finnischsprachigen Originalausgabe: "Mopolla Suomeen"
aus dem Finnischen von Leena Eschenhagen-Kratzer und Maaret Szücs
"Auch die Ratten beginnen sich anzufeinden, wenn sie zu eng gedrängt leben" - so fasst einer der ganz unterschiedlichen Menschen, denen der Erzähler auf seiner Reise durch Finnland begegnet, die Unterschiede zwischen Stadt- und Landleben zusammen, die auch für Letzteren unterwegs immer wieder spürbar werden. Er selbst ist ein Schreibtischtäter aus Helsinki, der sich einen längeren Urlaub gegönnt hat, um in Lappland wandern zu gehen, wovon er sich neue Einsichten für sein weiteres Leben erhofft. Man erfährt kaum etwas über seine Anreise in den Norden, die Erzählung beginnt irgendwo in der Umgebung von Utsjoki, wo er an einem See in einer Senke zeltet. In einem Dorfladen sieht er zufällig eine Kleinanzeige am schwarzen Brett hängen, in der ein gebrauchtes Moped der Marke Tunturi angeboten wird. Kurzerhand entschließt er sich zum Kauf und fährt nun drei Wochen lang mit dem Zweirad durch ganz Finnland. Von Utsjoki aus rollt er nach Inari, dann über Kittilä und das Skidorf Levi nach Rovaniemi und von dort weiter nach Kemijärvi. Er besucht die Meisterschaft im Frauentragen in Sonkajärvi und reist nach und nach weiter durch Orte wie Naapurivaara, Laakajärvi, Rautavaara, Kaavi und Outokumpu. Die Route wird nicht immer klar genannt, da das Hauptaugenmerk der Erzählung eher auf der Schilderung der jeweiligen Orte und Stimmungen und der kuriosen Schicksale einzelner Dörfer liegt. Landschaft und Umgebung sowie die Lebensverhältnisse der Menschen werden stets eindrücklich und detailliert beschrieben, und zu den Besonderheiten, die der Autor unterwegs antrifft, gibt er regelmäßig Hintergrundinformationen. Gleichzeitig kommen mehrfach eigene Erinnerungen an früher hoch. Die Idylle der ländlichen Gegenden als Kontrast zur Großstadt im Süden wird sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Immer wieder drängt sich dem Autor die Erkenntnis auf, dass 'Zeit' im Norden und auf dem Land allgemein anders gemessen und empfunden wird. Doch selbst hier erzählen viele Menschen mit etwas Wehmut von der "guten alten Zeit". - Zu seinen zahlreichen Begegnungen zwischen Utsjoki und Valamo zählen Esa und Minna, das nördlichste orthodoxe Ehepaar Finnlands, Reino bei Repojoki, der mit Rentieren und vom Fischfang lebt, die EU-Direktiven nicht mag und die alten Zeiten sowieso viel besser fand, Helena, die Wirtin im Café in Pokka, die stolz von den Kälterekorden des Dorfes berichtet, die Bäuerin Armi in Kaukonen, die Künstlerin Elsa, der Schafzüchter Antti, Matti mit der Stute Siru, der ihn um Hilfe bei der Heuarbeit bittet und ihm mit der Gelegenheit zu körperlicher Arbeit eine Freude bereitet, die Schnulzensängerin Aila in Savonlinna, die zufällig den Bau einer Brücke mitgeplant hat, sowie der Holzkünstler Niilo, der malt und schnitzt, Vögel und Blumen mag, aber Städte hasst. Einige Leute berichten von den Deutschen im Krieg, andere sprechen über Politik, darüber, wie viele aus Frust zu Kommunisten wurden. Und überall erlebt der Reisende ein beeindruckendes Maß an Gastfreundschaft. Auf seiner langen Fahrt lässt er sich treiben und sinniert über die Entwicklung der Lebensumstände im Laufe der Jahre und Jahrzehnte. Dabei übt er wiederholt Kritik am heutigen Stress und den grotesken Zügen des modernen Lebens und vergleicht das deutlich gesündere Umfeld der Ländlichkeit mit der zunehmenden Pervertierung der heutigen städtischen Gesellschaft, inklusive der Arbeitswelt, jedoch zumeist mit einem gewissen Maß an Humor. In dünn besiedelten Gegenden gehen die Menschen einfach noch freundlicher miteinander um als im großstädtischen Helsinki. Gegen Ende der Reise stellt er fest: "Ich bin dem Finnland begegnet, von dem ich glaubte, dass es bereits verschwunden sei."
Das Buch ist aufwändig gebunden und mit auffallender Liebe zum Detail grafisch gestaltet. Die zahlreichen Fotografien sind meist durch Kopien von Notizbuchausschnitten, Kassenzetteln und anderen Kuriositäten ergänzt, viele der Bild- oder Textseiten sind mit allerlei Handzeichnungen dekoriert, wodurch Inhalt und Illustration sich zu einem stimmigen Ganzen fügen. Eine lesens- und beschauenswerte Huldigung an die finnische Ländlichkeit!
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