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Jessikka Aro : Putins Armee der Trolle - Der Informationskrieg des Kreml gegen die demokratische Welt

Buchbesprechung von Saskia Geisler, Oktober 2022

dt. Erstausgabe: 2022 - Wilhelm Goldmann Verlag in der Verlagsgruppe Penguin Random House, München
finn. Originalausgabe: 2019 - Johnny Kniga, Helsinki
Titel der finnischsprachigen Originalausgabe: "Putinin trollit - Tositarinoita Venäjän infosodan rintamilta"
aus der US-amerikanischen Übersetzung von Katharina Diestelmeier, Enrico Heinemann und Bernhard Schmid
Zuletzt machte es die Drohung mit der "schmutzigen Bombe" deutlich: Die Rhetorik aus Russland verunsichert. Ob Nachrichten glaubwürdig sind oder nicht, ist für Laien oftmals schwer nachzuvollziehen, auch und gerade dann, wenn eigene Ängste im Spiel sind. Umso wichtiger ist ein Buch, das sich grundlegend mit Propaganda aus Russland auseinandersetzt und tiefergehende Mechanismen beschreibt. Jessikka Aro hat sich in Putins Armee der Trolle allerdings gegen einen systemischen Ansatz entschieden. Stattdessen stellt sie der anonymen Trollarmee Putins Kämpfer*innen entgegen, die sich gegen die russische Desinformation einsetzen.
Jessikka Aro arbeitete als Journalistin für den finnischen öffentlich-rechtlichen Rundfunksender Yle, als sie begann, sich mit der "Trollarmee" auseinanderzusetzen. Hierbei handelt es sich um bezahlte Störenfriede im Internet, die Hass, Hetze und Fehlinformationen in den Sozialen Medien verbreiten. Kaum begann sie, über die Trolle zu berichten, geriet sie selbst in das Netz der Angegriffenen und es begann eine Schmutzkampagne gegen die junge Journalistin, die so weit führte, dass sie Finnland verlassen musste. Aro geht sehr offen mit ihrem Schicksal um, auch um zu zeigen, welche Auswirkungen die Hetze auf einzelne Menschenleben hat. In kurzen Einzelkapiteln schildert sie ihren weiteren Lebens- und Rechercheweg im Wechsel mit längeren Kapiteln über andere Menschen, die ihr Schicksal teilen. Da ist beispielsweise die US-amerikanische Journalistin, die bei Russia Today wegen fehlender journalistischer Standards ausstieg, oder der Gründer der Plattform Bellingcat, die gegen Desinformationen vorgeht. Da sind aber auch Menschen, die uns in Deutschland weniger bekannt sein dürften, wie Roman Burko, der über den Krieg auf der Krim politisiert wurde, oder der schwedische Wissenschaftler Martin Kragh, der sich auf russische Politik spezialisiert hat. Über die Einzelschicksale dieser Menschen schafft es Jessikka Aro, ein Mosaik zusammenzustellen, das unterschiedliche Aspekte der russischen Propagandaarbeit herausstellt und aufzeigt, wie es dem Kreml nach und nach gelang, die Unterschiede zwischen wahr und falsch immer mehr zu verwischen.
So wichtig dieses Buch auch ist und so hoch Jessikka Aros Engagement und jahrelange Recherchearbeit eingeschätzt werden muss, so sehr fehlt eine größere systematische Einordnung samt Einblick in das russische System - der Fokus liegt natürlich auf der Wirkung der russischen Propaganda im Ausland, dennoch bleibt sehr blass, wie genau die Einflussmechanismen in Russland selbst eigentlich funktionieren. Schade ist außerdem, dass es zwar ein aktualisierendes Vorwort gibt, dieses jedoch relativ kurz bleibt. Ein neuer Schluss hätte dem Buch gut getan, wird doch gerade im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine die Perfidie des Informationskrieges noch einmal sichtbar. Menschen, die sich vor allem für diese aktuellen Vorgänge interessieren, sind mit Putins Armee der Trolle leider nicht gut bedient. All denjenigen jedoch, die einen tieferen Einblick in die Auswirkungen russischer Desinformation weltweit wünschen und dabei über das Tagesaktuelle hinaus schauen, finden hier profunde, detaillierte Information.
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